Einmal trafen sich zwei Morgen auf der Milchstraße.
"Guten Morgen, Morgen!" sagte der eine und lüpfte seinen aus zartblauen
Strahlen gewobenen Hut.
"Grüß Gott" sagte der andere mit einem freundlichen rubinroten
Lächeln.
"Wohin geht's?" fragte der erste und zupfte seinen leuchtenden, mit
Edelsteinen besetzten Mantel zurecht.
"Auf die Erde. Ich fahre zur Erde" sagte der andere verklärt.
Die Miene des Morgens mit dem strahlengewobenen Hut verdüsterte
sich, sogar sein Hut wurde plötzlich blasser, und die Edelsteine vergaßen
zu funkeln.
"Was heißt das, zur Erde!" sagte er unheildrohend. "Das geht
nicht, das kann nicht sein!"
"Aber sicher kann das sein! Heute ist der erste Sonntag im Mai, oder?"
"So ist es."
"Na dann. Heute werde ich es sein, der da unten anbricht und leuchtet."
"Das möchte ich sehen" rief sein Gegenüber, "am ersten Sonntag
im Mai gehe ich. Von wegen anbrechen und leuchten. Abbrechen und keuchen
wirst du, mein Lieber. Heute erstrahle ich auf der Erde."
Dabei fing er an zu laufen. Doch der andere war nicht faul, stellte
ihm ein Bein, daß er hinfiel und die Milchstraße nur so staubte.
Sie fingen an sich zu prügeln und zerrten aneinander. Morgengrauenstücke,
Dämmerfetzen, abgerissene Lichtlappen flogen umher. Schließlich
gewann einer von ihnen die Oberhand - wer weiß schon, welcher; vor
der Rauferei waren sie beide gleich schön und lieblich, danach beide
gleich lumpig und abgerissen - und ging zur Erde nieder, um die Nacht abzulösen.
Die Menschen schauten aus den Fenstern und sagten: "Puh, was für
ein häßlicher Morgen, der uns da graut!" Und die schlechte Laune
blieb den ganzen Tag.
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